Blogbeitrag
12.07.2024

Weekly Tax Insight: Unser wöchentlicher Beitrag zum Steuerrecht

BFH zur Einkommensteuer auf die nicht ausgezahlte Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers

Hintergrund

Die Behandlung von variablen Vergütungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Geschäftsführer, der zugleich beherrschender Gesellschafter ist, ist ein fast traditioneller Streitpunkt in Betriebsprüfungen. Während die Geschäftsführer zur Verringerung der Gesamtbelastung mit Steuern bei der Gesellschaft und beim Gesellschafter hohes Interesse an möglichst viel Variabilität in der Vergütung haben, tut sich die Finanzverwaltung schwer, Vergütungen mit viel Flexibilität als fremdüblich anzuerkennen. Mit einer zu stark variablen Vergütung werde der körperschaft- und gewerbesteuerpflichtige Gewinn der Gesellschaft zu Gunsten des Geschäftsführers „abgesogen“.

Wenn die Gesellschaft in die Krise gerät, nehmen die Schwierigkeiten mit variablen Geschäftsführervergütungen erfahrungsgemäß weiter zu. Der Gesellschafter-Geschäftsführer wird vielfach auf die Auszahlung seiner variablen Vergütung ganz oder teilweise verzichten, wenn er damit einen Beitrag zur Sanierung der Gesellschaft leisten kann und so sein Einkommen langfristig sichert. Negative steuerliche Wirkungen werden dann in der Krisensituation übersehen.

Entscheidung des BFH

In einem aktuell vom BFH entschiedenen Fall hatte der Geschäftsführer einen vertraglichen Anspruch auf eine variable Vergütung. Die Gesellschaft hatte die Vergütung jedoch über mehrere Jahre nicht in den Jahresabschlüssen passiviert, der variable Teil der Vergütung hatte also den steuerpflichtigen Gewinn (noch) nicht gemindert. Eine Auszahlung an den Geschäftsführer ist auch nicht erfolgt. Entsprechend ist der Jahresabschluss der GmbH festgestellt worden. Der Geschäftsführer hat parallel dazu keine Einkommensteuer auf die nicht ausgezahlte Tantieme entrichtet.

Die Lohnsteuer-Außerprüfung bei der GmbH vertrat die Auffassung, dass die Tantiemen gleichwohl in voller Höhe beim Geschäftsführer zugeflossen, von ihm also zu versteuern seien.

Dem ist der BFH entgegengetreten:

Der BFH führt aus, dass es möglich sei, dass der Geschäftsführer seinen Anstellungsvertrag mindestens konkludent geändert und damit keinen Anspruch auf seine Tantieme verdient habe. Dafür spreche, dass der Jahresabschluss wirksam festgestellt worden sei und der Geschäftsführer widerspruchslos weiter seine Tätigkeit verrichtet habe. In dieser Konstellation sei ihm die Tantieme auch nicht steuerpflichtig zugeflossen.

Allerdings bestätigt der BFH seine Auffassung, dass für den Zufluss der Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bereits deren Fälligkeit ausreichend ist, und es auf eine tatsächliche Auszahlung nicht unbedingt ankomme. Insbesondere sein ein Verzicht auf eine bereits wirksam verdiente Tantieme eine verdeckte Einlage des Gesellschafters in die Gesellschaft. Bei einem nachträglichen Verzicht sei die Tantieme vorher bereits einkommensteuerpflichtig zugeflossen. Dies sei selbst dann der Fall, wenn keine Tantieme-Verbindlichkeit im Jahresabschluss gebildet wurde.

Der BFH hat den Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen, weil es an Feststellungen zur Frage eines möglichen Verzichts im Urteil fehle (BFH, 05.06.2024, Az.: VI R 20/22).

Empfehlung

Auch nach diesem Urteil bleibt die Behandlung der variablen Vergütung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ein heißes Eisen in der Krise der Gesellschaft. Wie der BFH ausführt, kommt dem Rechtsgrund für das Unterlassen von Passivierung und Auszahlung die entscheidende Bedeutung für die steuerliche Beurteilung zu. Während ein Verzicht auf die Tantieme im Regelfall zu steuerpflichtigen Einkünften des Geschäftsführers führt, kann eine, ggf. sogar konkludente, Vertragsänderung ein steuerlich völlig anderes Ergebnis bewirken. Wer also den einfachen Weg des Verzichts einschlägt, zahlt am Ende womöglich Steuern, die eigentlich nicht notwendig zu zahlen waren.

Es ist deswegen zwingend erforderlich, dass wirtschaftlich gewollte auf dem juristisch richtigen Weg umzusetzen.

Optimal sind Tantiemevereinbarungen, die bereits in ihrer Entstehung auch steuerliche Aspekte in Krisenzeiten mit regeln. Das reduziert die Gefahr teurer Auseinandersetzungen mit späteren Betriebsprüfungen erheblich. 

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