Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBD NRW) hat am 7. November 2023 einen Referentenentwurf eines Dritten Gesetzes zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements im Land Nordrhein-Westfalen veröffentlicht. Neben haushaltsrechtlichen Erleichterungen sieht der Entwurf, der rückwirkend zum 31. Dezember 2023 in Kraft treten soll, unter anderem Erleichterungen für die Aufstellung und Prüfung von Jahresabschlüssen kommunaler Unternehmen und Einrichtungen vor, über die wir im Folgenden einen kurzen Überblick geben möchten.
Während bisher alle Unternehmen in privater Rechtsform, Eigenbetrieben und Anstalten öffentlichen Rechts - unabhängig von ihrer Größe - für den Jahresabschluss und den Lagebericht die Vorschriften für große Kapitalgesellschaften des HGB anzuwenden haben, soll künftig wie folgt differenziert werden:
Jahresabschluss und Lagebericht
Eigenbetriebe und Anstalten öffentlichen Rechts haben ihre Jahresabschlüsse künftig nur noch unter entsprechender Anwendung der allgemeinen Vorschriften des HGB für alle Kaufleute („Drittes Buch des HGB“) aufzustellen. In der Folge würde künftig der Jahresabschluss nur noch aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung bestehen, die Pflicht zur Aufstellung eines Anhangs und Lageberichts würde dagegen ersatzlos entfallen - unabhängig von der Größe des jeweiligen Eigenbetriebs oder AöR!
Auch bei kommunalen Unternehmen in Privatrechtsform sieht der Gesetzesentwurf nur noch die Anwendung der Vorschriften des Dritten Buchs des HGB vor. Da dies für Kapitalgesellschaften auch die Anwendung der §§ 264-289f HGB umfasst, bleibt für diese die Pflicht zur Aufstellung eines Anhangs und Lageberichts bestehen. Allerdings können diese Unternehmen die größenabhängigen Erleichterungen des HGB in Anspruch nehmen, sodass z. B. kleine Kapitalgesellschaften keinen Lagebericht mehr aufzustellen hätten.
Die individualisierte Angabe der Organbezüge im Anhang wird künftig für alle kommunalen Unternehmen und Einrichtungen in privater und öffentlich-rechtlicher Rechtsform - aus Gründen des Bürokratieabbaus - entfallen. Die Ausnahmeregelung gem. § 286 Abs. 4 HGB, nach der die Angabe der Gesamtbezüge der Organe unterbleiben darf, wenn sich anhand dieser Angabe die Bezüge eines Mitglieds eines Organs feststellen lässt, darf gemäß Referentenentwurf hingegen nicht in Anspruch genommen werden. Diese Erleichterung wird für Anstalten öffentlichen Rechts und Eigenbetriebe bereits durch den vollständigen Wegfall des Anhangs erreicht.
Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die vorgesehenen rechtlichen Änderungen hätten auch weitreichende Auswirkungen auf die Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts entsprechend den CSRD. Während bisher bei strenger Auslegung der landesgesetzlichen Vorschriften davon ausgegangen werden musste, dass alle Unternehmen und Einrichtungen in privater und öffentlich-rechtlicher Rechtsform - unabhängig von ihrer Größe - verpflichtet sind, ab 2025 einen Nachhaltigkeitsbericht entsprechend der EU-seitigen Vorgaben (insbesondere CSRD und ESRS) in den Lagebericht aufzunehmen, würde diese Verpflichtung mit Ausnahme für große Kapitalgesellschaften, die unmittelbar unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen, für alle anderen Einrichtungen und Unternehmen entfallen.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass diese Erleichterungen nur in Anspruch genommen werden können, wenn die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag entsprechende Regelungen enthält und nicht freiwillig „strengere“ Regelungen zum Jahresabschluss und Lagebericht beinhaltet. In diesem Zusammenhang ist auch der Public Corporate Governance Kodex der jeweiligen Gebietskörperschaft zu beachten, der im Einzelfall über die landesrechtlichen Vorschriften hinaus weitergehende Regelungen zum Jahresabschluss und Lagebericht oder zur Nachhaltigkeitsberichterstattung enthalten kann.
Prüfungspflicht
Die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses und, soweit einschlägig des Lageberichts, bleibt grundsätzlich für alle Unternehmen und Einrichtungen in privater und öffentlich-rechtlicher Rechtsform bestehen. Eine Ausnahme greift hingegen für kleine Unternehmen in privater Rechtsform, die nach § 316 Abs. 1 HGB im HGB von der Prüfungspflicht ausgenommen sind.
Für Eigenbetriebe sehen die Änderungen der EigVO NRW vor, dass der Jahresabschluss ausschließlich durch eine/n Wirtschaftsprüfer:in geprüft werden darf, wobei eine externe Rotation nach spätestens fünf Jahren erfolgen muss. Macht der Eigenbetrieb hingegen vom Wahlrecht Gebrauch, nach Neuem Kommunalen Finanzmanagement (NKF) zu bilanzieren, kann weiterhin alternativ das Rechnungsprüfungsamt mit der Prüfung beauftragt werden.
Während wir die Erleichterungen, die der Referentenentwurf in Bezug auf die entfallende Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen und Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher und privater Rechtsform mit sich bringt, sehr begrüßen, haben wir bei anderen Änderungen doch zumindest Zweifel, ob die Auswirkungen vom Gesetzgeber in diesem Ausmaß tatsächlich gewollt sind, z. B. die auch für große Einrichtungen und Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform künftig entfallende Pflicht zur Aufstellung eines Anhangs und Lageberichts. Auch stellt sich die Frage, wie die Umsetzung von anderen rechtlichen Vorschriften, die zusätzliche oder besondere Angaben im Anhang und Lagebericht fordern, z. B. § 24 Abs. 1 EigVO NRW n.F., umgesetzt werden soll, wenn diese Bestandteile der jährlichen Rechnungslegung künftig entfallen werden.