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Vorsicht bei der Formulierung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes mit einem GmbH-Geschäftsführer

Im Geschäftsverkehr ist es für eine Gesellschaft oftmals ganz entscheidend, dass der GmbH-Geschäftsführer nicht unmittelbar nach dem Ausscheiden seine bei ihr erworbenen Kenntnisse durch die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit verwerten kann. Helfen kann in diesem Fall die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Ein solches muss aber besonders sorgfältig formuliert werden.

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München fasst die rechtlichen Anforderungen an nachvertragliche Wettbewerbsverbote in anschaulicher Weise zusammen und stellt klar, dass dem ehemaligen Geschäftsführer auch eine sofortige Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit, quasi im Eilverfahren, gestattet werden kann - mit den entsprechenden nachteiligen, vor allem wirtschaftlichen Folgen für den ehemaligen Arbeitgeber.

Sachverhalt

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der gekündigte Geschäftsführer der Y-GmbH das Landgericht München per einstweiliger Verfügung angerufen, ihm (vorläufig) zu gestatten, unmittelbar nach Vertragsbeendigung als Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens in der Optikerbranche tätig zu werden. In dem Geschäftsführerdienstvertrag mit der Y-GmbH war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für ein Jahr nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit vereinbart worden. Das OLG München hielt die Klausel in dem Dienstvertrag allerdings aus rechtlichen Gründen für nichtig. Dem Geschäftsführer wurde daher im Ergebnis gestattet, unmittelbar nach dem Ausscheiden aus den Diensten der Y-GmbH bei einem Konkurrenzunternehmen als Geschäftsführer tätig zu sein.

Der Entscheidung des OLG lagen die folgenden Erwägungen zugrunde:

Anforderungen an ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot

  • Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind gegenüber GmbH-Geschäftsführern grundsätzlich möglich.
  • Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss jedoch den berechtigten Geschäften der Gesellschaft dienen und darf die Berufsausübung und wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren.
  • Im Einzelfall darf es nach Ort, Zeit und Gegenstand in seiner konkreten Ausgestaltung nicht zu weit gefasst sein. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Sittenwidrigkeit vor und das Wettbewerbsverbot ist nichtig.
  • Die Höhe der Karenzentschädigung spielt keine Rolle, da grundsätzlich ein Wettbewerbsverbot auch ohne Karenzentschädigung zulässig wäre.

Reichweite des Verbotes im entschiedenen Fall

In dem entschiedenen Fall war dem Geschäftsführer nach dem Wortlaut des Wettbewerbsverbotes jede Art von Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen (selbständig, unselbständig oder in sonstiger Weise) verboten. Daher war das Wettbewerbsverbot nach Auffassung des Gerichtes zu weit gefasst und damit nichtig. Denn unter das Verbot fiel nach dem Wortlaut zum Beispiel auch eine Tätigkeit als Hausmeister. Diese hatte keinen Bezug zur früheren Tätigkeit des Klägers als Vertriebsvorstand der Gesellschaft und war daher durch die Interessen der Gesellschaft nicht gerechtfertigt.

Ergänzende Anmerkung: Das Argument der Gesellschaft, das Wettbewerbsverbot musste so weit gefasst werden, um spätere Umgehungsmöglichkeiten zu verhindern, wurde von dem OLG München ebenfalls verworfen. Selbst wenn der Geschäftsführer bei dem Konkurrenzunternehmen nur pro forma als Angestellter tätig werde, in Wirklichkeit aber Geschäftsführertätigkeiten durchführe, sei die Gesellschaft rechtlich nicht schutzlos gestellt. Eine Ausweitung des Wettbewerbsverbotes auf jegliche Tätigkeiten für ein Konkurrenzunternehmen sei deshalb jedenfalls rechtlich nicht möglich.

Durchsetzung mittels einstweiligen Rechtsschutzes

Zudem wies das Gericht darauf hin, dass die Gestattung der Konkurrenztätigkeit auch im Rahmen eines Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutz gewährt werden konnte, wie von dem Geschäftsführer geltend gemacht. Zwar wurde hierdurch faktisch eine endgültige Entscheidung herbeigeführt, da eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vor Ablauf eines Jahres getroffen werden konnte und das Wettbewerbsverbot zu diesem Zeitpunkt bereits „abgelaufen“ sein würde. Aber auch dies hinderte das OLG München nicht daran, seine Rechtsauffassung auf diesem Wege - endgültig und zulasten der Gesellschaft - durchzusetzen. Andernfalls, so das OLG, wäre der Geschäftsführer rechtlos gestellt, so dass ihm der einstweilige Rechtsschutz im Ergebnis nicht versagt werden konnte.

Keine geltungserhaltende Reduktion im entschiedenen Fall

Die Aufrechterhaltung eines grundsätzlich zu weit gefassten Wettbewerbsverbots im Umfang des rechtlich Zulässigen hätte der Gesellschaft noch grundsätzlich helfen können. Dies kommt nach der Rechtsprechung aber nur unter zwei Gesichtspunkten in Betracht:

  • Im Sinne einer Verkürzung auf das zeitlich zulässige Maß;
  • unter Umständen auch im Sinne der Einschränkung des örtlichen Geltungsbereichs.

Eine Beschränkung scheidet jedoch aus, wenn das Wettbewerbsverbot dem Gegenstand nach das zulässige Maß überschreitet.

Nach diesen Grundsätzen schied im vorliegenden Fall nach Auffassung des OLG München eine geltungserhaltende Reduktion aus, da dem Geschäftsführer auch untergeordnete Tätigkeiten ohne Bezug zu seiner früheren Tätigkeit als Vertriebsvorstand der Gesellschaft verboten waren.

Das Gericht wies ergänzend darauf hin, dass die geltungserhaltende Reduktion einer Wettbewerbsklausel auch an den allgemeinen Grundsätzen des AGB-Rechts zu messen gewesen wäre. Diese würden voraussetzen, dass die Klausel inhaltlich in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil trennbar sei und der verbleibende Rest sprachlich und inhaltlich verständlich bleibe. Das sei nur der Fall, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden könne, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leide, der sogenannte „blue pencil test“.

Im entschiedenen Fall war nach der Auffassung des Gerichtes keine Streichung möglich, die einen inhaltlich zulässigen und sprachlich verständlichen Teil zurückgelassen hätte.

Fazit und Empfehlung

Die Anforderungen an die Formulierung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sind als hoch anzusehen. Im Ergebnis muss dabei beachtet werden, dass sich die Interessen der Gesellschaft in der Reichweite des Verbots (zeitlich, örtlich und gegenständlich) im konkreten Fall widerspiegeln müssen. Geht das Verbot über die berechtigten Interessen der Gesellschaft hinaus, ist es nichtig. Insbesondere der Gegenstand des Wettbewerbsverbotes sollte inhaltlich nicht zu weit gefasst sein. Eine nachträgliche Begrenzung des Verbotes auf den inhaltlich zulässigen Teil kommt nach der Entscheidung des OLG München ansonsten nicht in Betracht. Für den ehemaligen Arbeitgeber wirtschaftlich bedeutsam ist die von dem OLG München anerkannte sofortige Durchsetzung der Konkurrenztätigkeit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Denn eine nachträgliche Korrektur - etwa mittels der Geltendmachung von Schadensersatz - ist für die Gesellschaft dann praktisch nicht mehr möglich.

OLG München, Hinweisbeschluss v. 02.08.2018 – 7 U 2107/18

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