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Vergabeerleichterungen in RLP und NRW zur Beseitigung von Schäden durch Flutkatastrophen

Die Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und NRW haben große Schäden angerichtet, die zu einem großen Teil auch durch öffentliche Auftraggeber beseitigt werden müssen. Denn neben individuellen Schäden wurde auch die Infrastruktur in den Kommunen erheblich beschädigt. So sind etwa Straßen, Brücken, Klärwerke, Abwasserleitungen und Netzinfrastruktur aber auch kommunale Liegenschaften nicht nur teilweise, sondern mancherorts auch völlig zerstört. Beim Wiederaufbau dieser Infrastruktur durch die öffentliche Hand wird das Vergaberecht eine wichtige Rolle einnehmen, denn grundsätzlich haben die hierfür zuständigen klassischen öffentlichen Auftraggeber, Kommunen, Land und Bund nationales wie auch Kartellvergaberecht zu beachten.

Um Auftragsvergaben und Beschaffungen, die zur Bewältigung der Flutkatastrophe beitragen, nicht durch vergaberechtliche Formalien zu behindern, wird in Rheinland-Pfalz das Haushaltsvergaberecht für Beschaffungen, die zur Bewältigung der unmittelbaren und mittelbaren Folgen der Flutkatastrophe dienen, zunächst bis Ende des Jahres 2021 ausgesetzt. Damit müssen keine förmlichen Vergabeverfahren in den Landkreisen Ahrweiler, Mayen-Koblenz, Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg, Vulkaneifel und dem Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie der kreisfreien Stadt Trier durchgeführt werden.

Oberhalb der EU-Schwellenwerte können Leistungen schnell und effizient – insbesondere über das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb – beschafft werden. So ist es denkbar, dass Angebote formlos und ohne Beachtung konkreter Fristvorgaben eingeholt werden können und sogar nur ein Unternehmen angesprochen werden kann, sollten es die Umstände – wie aktuell – erfordern. Diese Erleichterungen können unter dem Aspekt der Dringlichkeit greifen, sind aber mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Flut möglicherweise schwierig zu begründen.

Auch Nordrhein-Westfalen hat nachgezogen und vergaberechtliche Erleichterungen für alle Beschaffungen von Leistungen, die mit der Abwendung weiterer Gefahren, der Herstellung und dem Wiederaufbau der Infrastruktur, der Beseitigung von Schäden an Landesliegenschaften, der Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Verwaltung und zur Beseitigung von Umweltschäden im Zusammenhang stehen.

Durch einen gemeinsamen Runderlass der Landesministerien für Finanzen und Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie vom 4. August 2021 werden im Unterschwellenwertbereich der Abschnitt 1 der VOB/A 2019 und die Anwendung der UVgO ausgesetzt. Veröffentlichungs- und Dokumentationspflichten bleiben hiervon allerdings unberührt.

Für Maßnahmen ab Erreichen der EU-Schwellenwerte wird klargestellt, dass es sich bei der Unwetterkatastrophe um eine Naturkatastrophe handelt, also um Ereignisse, die der öffentliche Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, sodass wegen der äußersten Dringlichkeit der Leistungen aus zwingenden Gründen für deren Beschaffung die in der VOB/A, VgV und SektVO vorgeschriebenen Voraussetzungen und Fristen nicht eingehalten werden können. Angebote können mithin formlos und ohne Beachtung konkreter Fristvorgaben oder aber auch unter sehr kurzen Fristen bis hin zu null Tagen eingeholt werden. Sofern es die Umstände erfordern, ist auch lediglich die Ansprache eines Unternehmens zulässig.

Die Regelungen können nach Mitteilung des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen ab sofort bis zum Außerkrafttreten des Erlasses am 31.12.2021 angewendet werden.

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