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Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie: Entwurf eines nationalen Hinweisgeberschutzgesetzes

Der mit großer Spannung erwartete Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes zur Umsetzung der europäischen Whistleblower-Richtlinie (WB-RL) liegt vor (HinSchG-E vom 13.04.2022).

Das Gesetz regelt im Grundsatz den Schutz von Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Regelverstöße erlangt haben und diese an Meldestellen weitergeben. Es bleibt abzuwarten, ob der Entwurf des Justizministeriums in der jetzigen Form tatsächlich am Ende als Gesetz beschlossen wird. Gleichwohl ist es Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Sektors dringend angeraten, sich mit den vorgesehenen Regelungen zu befassen und sie umzusetzen.

Die wichtigsten Regelungen des Entwurfes im Überblick

Sachlicher Anwendungsbereich

Der Gesetzentwurf setzt die Vorgaben der WB-RL - wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt - überschießend um. Nach der WB-RL gilt, dass die Beschäftigungsgeber Meldestellen für Verstöße in ausgewählten europäischen Rechtsbereichen einrichten müssen. Der jetzige Gesetzentwurf sieht darüber hinaus vor, dass Beschäftigungsgeber mit 50 Beschäftigten und mehr interne Meldestellen einführen müssen, die auch für Meldungen gegen (alle) strafbewehrten und (zum Teil) bußgeldbewehrten Verstöße offenstehen. Sofern Beschäftigte Verstöße in den genannten Bereichen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit melden, sind sie zudem umfassend vor Repressalien geschützt.

Der sachliche Anwendungsbereich umfasst somit nach dem Gesetzentwurf:

  • Verstöße, die strafbewehrt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HinSchG-E),
  • Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib und Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG-E) sowie
  • Verstöße gegen nationale oder europäische Rechtsakte in ausdrücklich aufgelisteten Rechtsbereichen (z. B. im öffentlichen Auftragswesen oder Verbraucherrecht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3-7, Abs. 2 HinSchG-E).

Konzernweite Meldestellen

Der Gesetzesentwurf beinhaltet eine Regelung zu der Frage der Organisation von Hinweisgebersystemen im Konzern: Danach ist es möglich, dass im Konzern eine Mutter-, Schwester- oder Tochtergesellschaft mit der Einrichtung und dem Betrieb einer (konzernweiten) Meldestelle betraut wird - eine Frage, die bisher kontrovers diskutiert wurde. Die Verantwortlichkeit, insbesondere für das Abstellen eines etwaigen Missstandes, verbleibt allerdings bei der jeweiligen Gesellschaft selbst.

Hinweis: Angesichts des Widerspruchs des Gesetzentwurfs zur Auffassung der EU-Kommission in diesem Punkt ist es derzeit nicht absehbar, ob es bei dieser für Unternehmen als grundsätzlich positiv zu bewertenden Regelung zu einem „Konzernprivileg“ am Ende bleibt.

Vorgesehen ist nach dem Gesetzentwurf Folgendes: Die „interne“ Hinweisgeberstelle kann an Dritte ausgelagert werden. Möglich ist dies z. B. durch Verlagerung an Ombudspersonen oder konzernangehörige Unternehmen, wie beispielsweise die Mutter- oder Tochtergesellschaft, § 14 Abs. 1 HinSchG-E.

Vorgesehen ist für Unternehmen mit 50-249 Beschäftigten zudem, dass mehrere Unternehmen eine gemeinsame Hinweisgeberstelle einrichten können, § 14 Abs. 2 HinSchG-E.

Bußgeldtatbestand bei Nichteinrichtung interner Meldestellen

In dem neuen Gesetzesentwurf ist erstmals ein Bußgeld von bis zu EUR 20.000,00 vorgesehen, wenn gegen die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle verstoßen wird (§ 40 Abs. 2 Nr. 2 HinSchG-E).

Wie geht es weiter?

Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern haben nach dem aktuellen Entwurf zwar bis zum 17. Dezember 2023 Zeit, Meldestellen einzurichten; für Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern ist dagegen keine Übergangfrist vorgesehen. Für juristische Personen des öffentlichen Sektors gilt die WB-RL bereits jetzt weitgehend unmittelbar. Es ist daher den betroffenen Unternehmen zu raten sich- insbesondere vor dem Hintergrund des neu eingefügten Bußgeldtatbestandes - umgehend mit der Einrichtung interner Hinweisgebersysteme zu befassen.

Zu dem Thema „EU-Whistleblower-Richtlinie“ siehe auch unsere bereits erschienenen Blogbeiträge unter den folgenden Links:

Neue EU-Whistleblower-Richtlinie: Umsetzung bis zum Jahresende erforderlich!

und

Umsetzung der Whistleblower Richtlinie in deutsches Recht

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