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Neufassung des Nachweisgesetzes: Handlungsbedarf für Arbeitgeber ab 1. August 2022

Der Bundestag hat am 23.06.2022 den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts (BT-Drs. 20/1636, 20/2245; Ausschussfassung BT-Drs.20/2392) beschlossen. Damit wird insbesondere das Nachweisgesetz neu gefasst, in dem die Pflichten des Arbeitgebers bezüglich des Nachweises der wesentlichen Arbeitsbedingungen festgeschrieben sind. Das Gesetz soll zum 1. August 2022 in Kraft treten. Aus der Neufassung ergeben sich dringende Handlungspflichten für Arbeitgeber bei der Erstellung und Änderung von Arbeitsverträgen.

Hintergrund

Die Europäische Union hat am 20. Juni 2019 die Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen erlassen. Ziel der Richtlinie 2019/1152 (im weiteren RL) ist es, mehr Transparenz hinsichtlich der Arbeitsbedingungen in Europa herzustellen. Die neue Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten und damit auch von Deutschland bis zum 1. August 2022 umgesetzt werden.

Wichtigste Änderungen (Nachweisgesetz)

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung geht teilweise über die zwingenden Vorgaben der Richtlinie hinaus. Zukünftig werden deutlich mehr Vertragsinhalte schriftlich niedergelegt werden müssen. Der Arbeitgeber muss daher dem Arbeitnehmer (nachweislich) den von dem Arbeitgeber im Original unterschriebenen Nachweis der im Gesetz genannten Arbeitsbedingungen zukommen lassen.

Nach dem Gesetzesentwurf zählen zu den Vertragsbedingungen, die künftig schriftlich niedergelegt werden müssen, insbesondere:

  • Dauer der vereinbarten Probezeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts, einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts. Diese sind jeweils getrennt mit ihrer jeweiligen Fälligkeit sowie der Art der Auszahlung anzugeben (bar bzw. bargeldlos)
  • die Arbeitszeit sowie die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten
  • bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anordnung von Überstunden
  • im Falle von Arbeit auf Abruf die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, die Frist innerhalb derer die Arbeit „abzurufen“ ist und der Zeitrahmen, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt wird durch Benennung von Referenztagen und Referenzstunden
  • etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen
  • Name und Anschrift des Versorgungsträgers, sofern arbeitgeberseitig eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zugesagt wurde
  • einzuhaltendes Verfahren bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses wie Schriftformerfordernis, Kündigungsfristen, Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage
  • allgemeiner Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • umfangreiche Pflichten zur Niederschrift bei einer Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland

Viele der neuen Nachweispflichten werfen erhebliche rechtliche Unsicherheiten auf.

Neu ist vor allem die Ausweitung der Nachweispflicht auf die Unterrichtung über das Kündigungsverfahren. Inhalt und Umfang dieser Pflicht sind noch nicht abschließend geklärt.

Achtung: Fristverkürzung gegenüber der bisherigen Rechtslage!

Nach geltender Rechtslage hat der Arbeitgeber nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Monat Zeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen niederzulegen. Künftig wird Folgendes gelten:

Der Gesetzesentwurf sieht bezüglich der Niederschrift gewisser Angaben (etwa Name der Vertragsparteien, Höhe der Arbeitsentgelte, Arbeitszeit) einen Nachweis/die Aushändigung bereits am 1. Arbeitstag vor. Für alle übrigen nachzuweisenden Arbeitsbedingungen sind verschiedene Fristen vom siebten Kalendertag bis zu einem Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses vorgesehen. Hinweis: Aus Arbeitgebersicht sollte der vollständige Nachweis (spätestens) am ersten Tag der Arbeitsleistung erfüllt werden.

Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen müssen zukünftig ebenfalls bereits an dem Tag, an dem die Änderung wirksam wird, schriftlich mitgeteilt werden.

Arbeitnehmern, die bereits vor dem 1. August beschäftigt waren, ist auf deren Wunsch die Niederschrift mit weiteren wesentlichen Angaben spätestens am siebten Tag nach der Geltendmachung auszuhändigen.

Sanktionierung bei Verstoß gegen die neuen Arbeitgeberpflichten

Bislang haben sich Verstöße gegen das Nachweisgesetz insbesondere in beweisrechtlichen Fragen zu Lasten des Arbeitgebers ausgewirkt. Ein Bußgeldtatbestand war bisher nicht vorgesehen. Zukünftig wird zusätzlich ein Ordnungswidrigkeitentatbestand eingeführt.

Der Bußgeldrahmen beträgt bis zu EUR 2.000,00 bei nicht, nicht richtiger bzw. nicht vollständiger oder in der vorgeschriebenen Weise erfolgten Erfüllung der Nachweispflicht.

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