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Nachhaltigkeit und Arbeitnehmerbelange – Folgen für die nichtfinanzielle Berichterstattung (zukünftig Nachhaltigkeitsberichterstattung)

Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde. Schlagworte wie ESG Environment Social Governance (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung), CSR Corporate Social Responsibility (gesellschaftliche Unternehmensverantwortung) oder Sustainability (Nachhaltigkeit) sind nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Als Schlüsselindikatoren für Nachhaltigkeit werden ökologische und soziale Leistungsindikatoren angesehen.  Nachhaltiges Wirtschaften beeinflusst Entscheidungen und Vorgehensweisen von Unternehmen hinsichtlich ökologischer und sozialer Aspekte. Die Unternehmensführung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie ist aber nicht nur Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung, sondern auch ein Wettbewerbsfaktor. So ist z. B. für mehr als 80 % der Studierenden aus MINT-Fächern das Thema Nachhaltigkeit bei der Wahl ihres zukünftigen Arbeitgebers ein ausschlaggebendes Argument. Zu diesem Ergebnis kam der Universum Student Survey 2021, bei dem mehr als 50.00 Studierende an rund 240 Hochschulen in Deutschland befragt wurden.

Konzeptionelle Grundlagen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten werden auf EU-Ebene laufend ausgebaut und ergänzt. Derzeit wichtige Rahmenprogramme sind das Maßnahmenpaket zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (Sustainable Finance Package) sowie der Europäische Green Deal Aktionsplan. Wesentliche Elemente der ambitionierten EU-Vorhaben sind die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen und die EU-Taxonomie-Verordnung, mit denen ein aufeinander abgestimmter Rechtsrahmen für die weitreichenden Änderungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung geschaffen werden soll.

Anlass genug, einen Blick auf „Nachhaltigkeit und Arbeitnehmerbelange“ zu werfen.

Die Grundlagen

Von der nichtfinanziellen Erklärung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Durch die im Jahr 2014 von der EU-Kommission beschlossene Richtlinie zur CSR-Berichtspflicht (Richtlinie 2014/95/EU CSR-RL, seit April 2021 umbenannt in Non-financial Reporting Directive NFRD) sind kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in der EU und mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen verpflichtet, über Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten. Deutschland hat die Richtlinie durch das Corporate Social Responsibility Richtlinienumsetzungsgesetz (CSR-RUG) umgesetzt.

Die EU-Kommission führte im Rahmen des europäischen Green Deals eine umfassende Überarbeitung der CSR-Richtlinie (neu NFRD) durch und stellte im April 2021 den Entwurf für die sog. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vor. Die CSRD soll im 2. Quartal 2022 verabschiedet werden und damit die CSR-RL / NFRD ablösen. Die notwendige Umsetzung ins nationale Recht soll Ende 2022 erfolgen. Die erstmalige Anwendung der CSRD ist ab dem Geschäftsjahr 2023 geplant. Allein in Deutschland soll sich der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen laut einer Studie des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committees (DRSC) von heute rund 500 auf über 15.000 Unternehmen erhöhen.

Künftig gilt die Berichtspflicht nicht mehr nur für große, kapitalmarktorientierte Unternehmen, sondern für alle Unternehmen, die zumindest zwei der drei Größenmerkmale erfüllen – eine Bilanzsumme über 20 Mio. Euro, Nettoumsatzerlöse über 40 Mio. Euro und/oder eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl von über 250. Neben der Ausweitung des Geltungsbereichs müssen Unternehmen künftig über erheblich mehr Inhalte berichten und zudem ihren Bericht auch extern prüfen lassen.

So ist laut CSRD-Entwurf die Verabschiedung von nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­nen Be­richts­stan­dards vorgesehen. In diesen sind Erweiterungen der vorgeschriebenen Berichtsinhalte geplant, die mit den sechs Umweltzielen der EU-Taxonomie-Klassifikation übereinstimmen sollen. Zusätzlich sind aber auch Daten zu den sozialen Themen Gleichstellung, Arbeitsbedingungen und Menschenrechte offenzulegen. Grund dafür ist die dritte CSR-Säule „Soziales“. Hierzu zählt der gesamte Mitarbeiterbereich, beginnend vom Bewerbermanagement bis zur Mitarbeiterentwicklung. Speziell die Zeitarbeit wird von Politik und Öffentlichkeit kritisch wahrgenommen, im Zuge der Berichterstattung wird den Unternehmen abgefordert, auch darüber Auskunft zu geben.

Die EU-Taxonomie-Verordnung – Der Kompass für alles und noch mehr?

Die EU-Taxonomie-Verordnung EU-Tax-VO (EU/2020/852) ist im Juni 2020 in Kraft getreten und in Teilen seit dem 01.01.2022 anzuwenden.

  • Die Taxonomie-Verordnung wird als Kernelement des „Green Deal“ der EU-Kommission weitergeführt und soll in ihrem Taxonomie-Kompass definieren, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten.
  • Weiterhin verpflichtet Art. 8 der Verordnung bestimmte Unternehmen zur Angabe sogenannter Taxonomie-Quoten in ihren nichtfinanziellen Erklärungen.
  • Die Taxonomie-Verordnung ist in erster Linie auf große Unternehmen ausgerichtet. Um die eigene Taxonomie-Konformität beurteilen zu können, reichen die aktuell bereits berichtspflichtigen Unternehmen, die an sie gestellten Anforderungen allerdings auch an ihre Zulieferer weiter. Somit findet gewissermaßen eine Verzahnung statt und auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen vermehrt geeignete Berichtssysteme etablieren.

„Mindestschutz“

Gemäß der EU-Tax-VO muss zum Zwecke der Nachhaltigkeit von den Unternehmen der sogenannte „Mindestschutz“ bezogen auf Arbeitssicherheit und Menschenrechte sichergestellt werden.

Beispiele wichtiger Leistungsindikatoren für die Berichtspflichten im Bereich Soziales und Arbeitnehmerbelange

Ein Unternehmen könnte Leistungsindikatoren u.a. zu den folgenden Aspekten offenlegen:

  • Geschlechterdiversität und andere Diversitätsaspekte
  • Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (bezüglich Alter, Geschlecht, sexueller Ausrichtung, Religion, Behinderung, ethnischer Herkunft und sonstigen einschlägigen Aspekten)
  • Mitarbeiter*innen mit Anspruch auf Elternzeit, aufgeschlüsselt nach Geschlecht
  • Arbeitnehmer*innen, die in Bereichen mit einem hohen spezifischen Unfall- oder   Krankheitsrisiko tätig sind
  • Zahl der Arbeitsunfälle, Art der Verletzungen oder beruflich bedingter Erkrankungen
  • Mitarbeiterfluktuation
  • Quote der Teilzeitbeschäftigten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht
  • Zahl an Schulungsstunden pro Jahr und Mitarbeiter*in, aufgeschlüsselt nach Geschlecht
  • Laufbahnentwicklung und Beschäftigungsfähigkeit,
  • die Verfahren zur Anhörung der Arbeitnehmer*in
  • Anzahl der Beschäftigten mit Behinderungen
  • Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)
  • Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten, demokratischen Grundsätze und internationalen Standards, insb. auch im Rahmen der Lieferketten

Ausblick

Auch wenn die zwingend anzuwendenden Rechtsvorschriften im deutschen Arbeitsrecht bereits für ein hohes Arbeitnehmerschutzniveau sorgen, wird es aufgrund der EU-Nachhaltigkeitsvorgaben im Bereich „Soziales und Arbeitnehmerbelange“ Anlass geben, Nachhaltigkeit auch zu einem Kernthema für „Human Resources“ zu machen.

Ob es dabei für Unternehmen bei einer reinen Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte sein Bewenden hat, oder ob sich daraus eine gesetzliche Pflicht zur nachhaltigen Unternehmensführung ergibt, bleibt abzuwarten.

Schon jetzt ist allerdings klar, dass der Gesetzgeber Nachhaltigkeit zumehmend verrechtlicht und neue Haftungsthemen schafft.

So soll beispielsweise durch das „Lieferkettengesetz“ die Beachtung der Menschenrechte gestärkt werden, indem Unternehmen eine größere Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen.

Das Lieferkettengesetz ist ein „Überwachungsgesetz“ und fordert von Unternehmen die Umsetzung weitreichender neuer Pflichten zum Schutz von Menschen- und Umweltrechten entlang der Lieferketten.

Mit dem Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (Zweites Führungspositionen-Gesetz - FüPoG II) soll das Ziel verfolgt werden, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen und verbindliche Vorgaben für die Wirtschaft und den öffentlichen Dienst zu machen.

Unternehmen werden verstärkt in die Pflicht genommen, ihren Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesellschaft beizutragen. Missachten sie die ihnen auferlegte Verantwortung, drohen schon heute negative Verbraucherreaktionen, gefolgt von möglichen Umsatzeinbußen und Reputationsverlust.

Die Umsetzung der neuen Anforderungen ist zwar mit gehörigem Aufwand verbunden, birgt gleichwohl die Chance für einen zukunftsgerichteten Geschäftserfolg.

Weitere Informationen zu Nachhaltigkeitsberichterstattung / Corporate Sustainability Reporting (CSR)

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