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Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer: SV-Pflicht trotz Sonderrechten

Die Rechtsprechung hat sich in Bezug auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung eines Geschäftsführers in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zuletzt entschieden, dass auch ein dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer eingeräumtes Sonderrecht auf die Geschäftsführung der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung nicht entgegensteht.

Hintergrund

Für GmbH-Geschäftsführer ist es regelmäßig von großer Relevanz, ob sie als selbstständig Tätige oder als abhängig Beschäftigte eingestuft werden. Je nach Statusfeststellung sind Sozialversicherungsbeiträge in die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abzuführen.

Abgrenzungsmaßstäbe 

Im Rahmen der Statusbeurteilung werden die Gesellschafter-Geschäftsführer und die Fremdgeschäftsführer unterschiedlich eingeordnet.

Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Kapital der GmbH beteiligt sind, liegt regelmäßig ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor, weil sie den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegen.

Bei Gesellschaftern-Geschäftsführern können als Maßstäbe 

  • der Umfang der Kapitalbeteiligung und 
  • das Ausmaß des Einflusses auf die Gesellschaft herangezogen werden.

Es kommt daher darauf an, ob der Geschäftsführer über seine „normale“ Gesellschafterstellung hinaus auf die Gesellschafterversammlung Einfluss nehmen kann, um die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Geschäftsführer mehr als 50% der Anteile hält. 

Im Gegensatz dazu ist ein Geschäftsführer, der Minderheitsgesellschafter ist, grundsätzlich abhängig Beschäftigter. Er ist ausnahmsweise dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er aufgrund besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag sämtliche Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern kann (sog. umfassende Sperrminorität). Nicht ausreichend ist eine auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität (sog. „unechte“ Sperrminorität). Vielmehr muss der Geschäftsführer auf alle wesentlichen Grundlagenentscheidungen Einfluss nehmen können.

Sonderrecht zur Geschäftsführung

Ein dem Minderheitsgesellschafter eingeräumtes Sonderrecht zur Geschäftsführung begründet allerdings noch keine ausreichend umfassende Sperrminorität, um als Selbstständiger zu gelten. Das BSG entschied mit Urteil vom 1.2.2022 (Az.: B 12 KR 37/19 R), dass der Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig ist. Der Geschäftsführer war mit 49% an der GmbH beteiligt und ihm war im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, für die Dauer seiner Beteiligung einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer zu sein oder einen solchen zu benennen. Nach Auffassung der Richter verhindere ein solches Recht zwar seine Abberufung, übertrage dem Geschäftsführer aber nicht eine Gestaltungsmacht, kraft derer er auf alle Gesellschafterentscheidungen und damit auf die gesamte Unternehmenspolitik Einfluss nehmen könne. 

Hinweis: Es gilt die generelle Empfehlung, die Frage der Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung bereits zu Beginn der Tätigkeit zu klären. Wird ein geschäftsführender Gesellschafter als Beschäftigter angemeldet, leitet die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund automatisch ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren ein.

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