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Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards

Das Lieferkettengesetz (oder auch Sorgfaltspflichtengesetz genannt) ist in Deutschland nicht unumstritten.

Bislang lag nur ein gemeinsames Eckpunktepapier des Arbeits- und des Entwicklungsministeriums als Reaktion auf die Vorschläge der Vereinigten Nationen und der OECD vor. In mehreren (europäischen) Ländern, wie z. B. Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien wurden bereits Gesetze zur Sorgfaltspflicht erlassen. Im Koalitionsvertrag war für Deutschland zunächst der Weg der freiwilligen Empfehlung mit Monitoring des Einhaltens der Ratschläge bei großen Unternehmen geregelt. Nachdem die festgesetzte Zielmarke von 50 % der Unternehmen, die den Empfehlungen folgen, nicht erreicht wurde (1. Abfrage: 20 %/ 2. Abfrage: 17 %), sollte der Gesetzgeber laut Koalitionsvertrag auf nationaler Ebene gesetzlich tätig werden.

Am 03.03.2021 wurde das Lieferkettengesetz vom Bundeskabinett beschlossen. Im Kern geht es beim Lieferkettengesetz darum, die Einhaltung der Menschenrechte und ökologischen Belange, die zu Menschenrechtsverletzungen (wie z. B. Trinkwasserverschmutzung) führen, innerhalb der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette zu sichern. Nach Willen des Gesetzgebers sollen deutsche Unternehmen – bedingt durch das Lieferkettengesetz – darauf einwirken, dass Tochterfirmen, Lieferanten und Sublieferanten grundlegende Menschenrechts- und Umweltstandards einhalten.

In einer globalen Welt finden sich bei Lebensmittelhändlern viele Produkte, wie Agrarprodukte, Kaffee, Tee, Kakao, deren Beschaffungswege lang sind - somit einen hohen CO2-Footprint haben - und ggf. auch hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten bei ihrer Ernte kritisch sein können. Auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel im Textil-, Elektronik- oder im Metallhandel, finden sich Waren mit ökologisch kritischen Produktionsbedingungen oder kritischen Arbeitsbedingungen.

Der Gesetzgeber möchte durch das beschlossene Gesetz erreichen, dass Unternehmen mit der gebotenen Sorgfalt handeln und sich der Verantwortung für ihr wirtschaftliches Handeln als Teil der Wertschöpfungskette bewusst werden. Im Detail erfüllt das Gesetz drei Funktionen. Zum einen sollen Pflichten von Unternehmen beim Schutz von Menschenrechten definiert und durch einen jährlichen Bericht abgefragt werden. Zum anderen wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle die behördliche Kontrolle der Einhaltung von Richtlinien und ggf. das Erteilen von Sanktionen in Form von Bußgeldern gewährleistet. Darüber hinaus sollen Arbeitsrechte gestärkt und Unterstützung bei der Entschädigung von Betroffenen bereitgestellt werden.

Das Sorgfaltspflichtengesetz beinhaltet keine neuen Haftungsregelungen für Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten. Jedoch sind Unternehmen sowohl für das eigene Haus als auch bei unmittelbaren Zulieferern verpflichtet, eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte zu verabschieden. Verstoßen Zulieferer gegen die in der Grundsatzerklärung festgelegten Richtlinien, soll das Unternehmen mit Maßnahmen unverzüglich darauf reagieren. Zusätzlich muss das Unternehmen Risikoanalysen zur Ermittlung der Auswirkung der Geschäftsprozesse auf die Menschenrechte durchführen und ggf. Risikomanagementmaßnahmen ergreifen, sodass potenziell negative Auswirkungen verhindert oder Abhilfe geschaffen werden kann. Darüber hinaus sollen Unternehmen einen Beschwerdemechanismus einrichten. Nach dem Grundsatz „Tue Gutes und rede darüber“ sind die Unternehmen verpflichtetet, auf ihrer Website oder in einem Nachhaltigkeitsbericht die Öffentlichkeit transparent zu informieren.

Das neue Lieferkettengesetz soll planmäßig noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden und gilt dann ab dem 01.01.2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter. Ab 2024 wird diese Schwelle herabgesetzt auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.

Es ist davon auszugehen, dass Gesetze zu Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten auch auf EU-Ebene behandelt werden und eine EU-Richtlinie verfasst wird, deren Vorgaben umzusetzen sind. Eine solche einheitliche Regelung ist wünschenswert, aktuell jedoch aufgrund der sehr unterschiedlichen nationalen Gesetzeslagen in naher Zukunft nicht absehbar.

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