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„Geschenkt ist geschenkt?“ – Zum Widerruf von Schenkungen

Die Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten auf die nächste Generation ist eine vielfach praktizierte Form der vorweggenommenen Erbfolge. Die Frage ist jedoch, was passiert, wenn sich die Dinge später anders entwickeln als zum Zeitpunkt der Schenkung angenommen.

Der Ausgangsfall: Schenkung zwecks Immobilienfinanzierung

Die Konstellation dürfte häufiger vorkommen: Die Eltern hatten ihrer Tochter und deren langjährigem Lebensgefährten Geldmittel in Höhe von rd. 100 T€ zugewendet. Der Betrag diente der Mit-Finanzierung einer von den Beschenkten gemeinsam erworbenen Wohnimmobilie. Weniger als zwei Jahre nach der Schenkung trennte sich das Paar. Die Eltern verlangten daraufhin von dem ehemaligen Lebensgefährten den auf ihn entfallenden Teil der Schenkung zurück und hatten damit Erfolg, wie der BGH in letzter Instanz entschied (Urteil vom 18.6.2019, Az.: X ZR 107/16).

Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Trennung?

Das Gericht stellte allerdings klar, dass der Schenker grundsätzlich das Risiko trägt, dass die künftige Lebensgestaltung des Beschenkten und sein Umgang mit dem Geschenk nicht den Vorstellungen des Schenkers entsprechen. Anders ist dies jedoch zu beurteilen, wenn die Vorstellungen des Schenkers erkennbar zur Geschäftsgrundlage der Schenkung geworden sind. Dann kann deren Wegfall zum Rücktritt berechtigen.

Die Zuwendung von Grundeigentum oder von dazu bestimmten Geldbeträgen an ein Kind und dessen Partner ist regelmäßig von der Erwartung getragen, dass die Immobilie jedenfalls für einige Dauer von den Beschenkten gemeinsam als Familienwohnung genutzt wird. So wertete das Gericht auch die Sachlage im Ausgangsfall. Die Erwartungshaltung der Eltern war zur Geschäftsgrundlage der Schenkung geworden und ist durch die kurze Zeit später erfolgte Trennung entfallen. Damit lagen die Voraussetzungen eines Rücktritts vor.

Hinweis: Zur Frage, für welchen Zeitraum eine Beziehung Bestand haben muss, um einen Wegfall der Geschäftsgrundlage zu verneinen, deutet das Gericht an, insoweit auf die Rechtsprechung zur kurzen Ehedauer im Unterhaltsrecht abstellen zu wollen. Danach wäre ein Zeitraum von bis zu zwei Jahren stets als (zu) kurz anzusehen und ein Zeitraum von mehr als drei Jahren stets als ausreichend lang.

Gesetzliche Rückforderungsrechte

Neben dem Wegfall der Geschäftsgrundlage gibt es noch zwei weitere gesetzlich geregelte Möglichkeiten zur Rückforderung einer Schenkung:

  • Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB): Der Schenker gerät nach der Schenkung in eine Lage, in der er außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder seine gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen.
  • Grober Undank des Beschenkten (§ 530 BGB) in Form von schweren Verfehlungen gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen, z.B. durch körperliche Misshandlung oder schwere Beleidigung.

Empfehlungen: Vertragliche Rückforderungsrechte fixieren und …

Um den Unsicherheiten zu begegnen, ob die gesetzlichen Rückforderungsrechte einschlägig sind, empfiehlt es sich, im Schenkungsvertrag für spezielle Konstellationen konkrete Rückforderungsrechte zu formulieren. Typische Fälle sind z.B.:

  • Beschenkter verstirbt vor dem Schenker;
  • Insolvenz des Beschenkten;
  • Beschenkter benötigt einen Betreuer;
  • Beschenkter veräußert das Geschenk ohne Zustimmung des Schenkers.

… Steuerrisiken absichern

Vergessen wird mitunter, auch die steuerlichen Risiken der Schenkung durch Rückforderungsrechte abzusichern. Dies gilt vor allem für die Schenkung von Betriebsvermögen. Hier gehen die Beteiligten meist davon aus, dass aufgrund der schenkungsteuerlichen Verschonungen keine Schenkungsteuer anfällt. Die Voraussetzungen sind jedoch komplex und beinhalten einige Risiken, z.B. hinsichtlich des schädlichen Verwaltungsvermögens. Daher ist es ratsam, vorsorglich auch eine Rückforderungsmöglichkeit für den Fall vorzusehen, dass wider Erwarten doch Schenkungsteuer anfällt. Wird das Recht dann ausgeübt, erlischt rückwirkend die Schenkungsteuer. Die Rückübertragung stellt auch keine erneute Schenkung dar.

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