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„Crowdworker“ sind keine Arbeitnehmer

„Crowdworker" sind keine Arbeitnehmer des Betreibers der Internetplattform, über die Aufträge an sie vermittelt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München in einem Verfahren, das bundesweit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurde, (vorläufig) entschieden.

In dem Verfahren ging es um einen Mann (den Kläger), dem eine sog. Crowdworking-Plattform einen Job vermittelt hatte. Die beklagte Internetplattform führte u.a. für Markenhersteller die Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen durch. Diese Aufträge wurden über eine sog. „Crowd“ - auch an den Kläger - vergeben. Der Abschluss der mit ihm abgeschlossenen Basisvereinbarung berechtigte dazu, über eine App die auf einer Internetplattform angebotenen Aufträge, die in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km angezeigt wurden, zu übernehmen. Bei erfolgter Übernahme war ein Auftrag regelmäßig innerhalb von zwei Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten. Im vorliegenden Fall bestand weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Auftraggeber Aufträge anzubieten. Der Kläger verdiente pro Woche knapp 1800 Euro im Monat bei einer Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich. Als die Plattform die Zusammenarbeit mit dem Mann beenden wollte, klagte er hiergegen. Er machte geltend, dass zwischen ihm und der Plattform ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. Die beklagte Internetfirma war der Auffassung, der Kläger sei selbstständig gewesen.

Das LAG München hat nun entschieden, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Arbeitsverhältnis bestand, so dass für den Kläger arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, insbesondere der gesetzliche Kündigungsschutz, nicht anwendbar sei.

Ein Arbeitsvertrag liege nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsehe. Dies drücke sich im Allgemeinen darin aus, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten muss und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden sei.

Die Basisvereinbarung erfülle die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthielte. Der Umstand, dass der Kläger tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient habe und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen habe, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führe nicht dazu, dass der Kläger die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen könne.

Hinweise: Das Urteil ist von grundsätzlicher Bedeutung; aus diesem Grund wurde die Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen. In der Zukunft ist zu erwarten, dass Formen und Häufigkeit von Crowdarbeit tendenziell zunehmen, so dass das Urteil des obersten Gerichts mit Spannung zu erwarten ist.

Nicht entschieden hat das Gericht im Übrigen die Frage in dem Streitfall, ob jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde. Auch diese rechtlich relevante Frage wird künftig wohl Gerichte beschäftigen.

Quelle: LAG München, Urt. vom 4.12.2019 - 8 Sa 146/19

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