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Corona-Pandemie: Abhaltung von Gremienversammlungen

Die Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung der Corona-Pandemie können erhebliche Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit von Unternehmen haben. Insbesondere Versammlungsverbote verhindern gegebenenfalls, dass die Unternehmen auf herkömmlichem Weg Beschlüsse auf Sitzungen der entsprechenden Organe herbeiführen. Gerade in einer Krise wie der jetzigen können Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen und Umstrukturierungen notwendig sein. Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie abzumildern, plant die Bundesregierung den Erlass eines Gesetzes, das auch gesellschaftsrechtliche Erleichterungen enthält. Personengesellschaften wie eine GmbH & Co. KG sind allerdings nicht erfasst. Vorgesehen ist unter anderem Folgendes:

Erleichterungen für eine AG (sowie teilweise für KGaA, VVaG, SE)

  • Der Vorstand kann ohne Ermächtigung in Satzung oder einer Geschäftsordnung bestimmen, dass an der Hauptversammlung elektronisch teilgenommen und die Stimmen elektronisch abgegeben werden können.
  • Voraussetzungen für die Durchführung einer „Online-Hauptversammlung“ sind unter anderem, dass
    • eine Bild - und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt
    • Fragen elektronisch gestellt und Stimmen elektronisch abgegeben werden können.
  • Derartige Entscheidungen des Vorstandes bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats, der aber (bei der AG) insoweit ebenfalls präsenzlos tagen und beschließen kann.

Erleichterungen für Genossenschaften und Vereine

Auch diesen Organisationen wird die Möglichkeit gegeben, Versammlungen ohne physische Präsenz abhalten zu können. Zudem bleiben Organe länger im Amt, wenn eine Neubestellung krisenbedingt nicht erfolgen kann.

Erleichterungen für eine GmbH

Eine GmbH soll Beschlüsse der Gesellschafter ebenso ohne Abhaltung einer Präsenz-Gesellschafterversammlung fassen können. Es werden Beschlüsse in Textform (zum Beispiel per Mail) oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen (z.B. per Brief) ermöglicht. Wichtig ist, dass (entgegen der Bestimmung in § 48 Abs. 2 GmbHG) hierzu nicht das Einverständnis sämtlicher Gesellschafter eingeholt werden muss.

Auch wenn die Regelung an sich positiv zu bewerten ist, so bleibt sie doch lückenhaft:

  • Die Regelung im Gesetzesentwurf befreit nur von den Anforderungen im GmbHG an die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung. Oft sind solche Anforderungen aber auch im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben. Diese muss der Geschäftsführer grundsätzlich beachten.
  • Gesellschafter können auch von sich aus verlangen, dass eine Gesellschafterversammlung durchgeführt wird (§ 50 Abs. 1 GmbHG). Auch diese Befugnis bleibt bestehen.
  • Es ist daher denkbar, dass ein Geschäftsführer in Konflikt zwischen ordnungsbehördlichen Regelungen (z. B. einem Versammlungsverbot) und gesellschaftsrechtlichen Anforderungen (anstehende Gesellschafterversammlung mit grundsätzlichem Zwang zur Präsenzversammlung im Gesellschaftsvertrag) kommt.
  • Die genannten Erleichterungen gelten nur für die Gesellschafterversammlung. Der Aufsichtsrat (der GmbH) wird nicht erwähnt. Hier verbleibt es bei den bisherigen Regelungen, die in vielen Fällen im Gesellschaftsvertrag niedergelegt sind.

Gesellschaften in kommunaler Hand

Die oben genannten Erleichterungen gelten unterschiedslos. Kommunale Gesellschaften werden also genauso privilegiert wie solche, die in privater Hand sind. Wie schon angesprochen ist zu beachten, dass die Erleichterungen nur für Gesellschafter – und nicht für Aufsichtsratsversammlungen gelten. Auch über Beschlussfassungen in einem Stadtrat sind keine Privilegierungen enthalten (was in einem Bundesgesetz grundsätzlich ohnehin nicht möglich wäre).

Gesellschaften in einer Rechtsform, die auf Landesrecht beruht (zum Beispiel Anstalten öffentlichen Rechts nach § 114a Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen), sind nicht erfasst. Sie müssen ihre Gremiensitzungen grundsätzlich abhalten wie bisher – es sei denn, der betreffende Landesgesetzgeber wird hier tätig.

Betroffener Zeitraum/Gesetzgebungsverfahren/Fazit

Alle vorgenannten Erleichterungen gelten nur für das Jahr 2020. Am 27. März 2020 soll die Verabschiedung des Gesetzes¹ im Bundesrat erfolgen.

Der Entwurf der Bundesregierung geht unbedingt in die richtige Richtung, wird aber ungeachtet dessen noch Anlass zu Diskussionen bieten. Im Rahmen einer „Online-Hauptversammlung“ einer AG werden sich noch viele Fragen auftun, wie z. B. das elektronische Rede- und Stimmrecht im Einzelnen zu handhaben ist. Bei der GmbH müssen notfalls Einzellösungen gefunden werden. Stehen ordnungsbehördliche und gesellschaftsrechtliche Anforderungen im Widerspruch zueinander, wird die Geschäftsführung regelmäßig einen Weg in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern suchen müssen.

¹ https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=3

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

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