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Bilanzierung von SaaS-Verträgen bei Hochschulen

Mit fortschreitender Digitalisierung lagern auch Hochschulen vermehrt Softwareanwendungen - wie z. B. Campus-Management Systeme - in Cloud-Umgebungen aus. Ein mögliches Betreibermodell ist „Software as a Service“ (SaaS).

Ausgestaltung Software as a Service (SaaS)

Dem Anwender (Hochschule) wird in der Cloud-Infrastruktur des Dienstleistungsunternehmens eine IT-Anwendung zur Verfügung gestellt. Der Anwender kann nur benutzerspezifische Einstellungen an der IT-Anwendung vornehmen, d. h. es erfolgt eine Anpassung der standardisierten Software an die konkreten Anforderungen der Hochschule.

Keine Bilanzierung des SaaS-Vertrags als Software möglich

Bei SaaS-Verträgen handelt es sich um Software-Überlassungsverträge, d. h. um eine zeitlich befristete Überlassung von Standardsoftware gegen ein monatliches Entgelt. Die Hochschule erwirbt weder rechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an der Software, sodass weder die genutzte Software noch ein Nutzungsrecht aktiviert werden dürfen. Somit ist aufgrund der mangelnden Anschaffung bzw. Herstellung der Software eine Aktivierung der angefallenen Implementierungskosten als Anschaffungskosten der Software nicht zulässig. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die feste Grundmietzeit mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Software beträgt.

Aktivierung der Customizing-Aufwendung als selbständiger immaterieller Vermögensgegenstand?

Contra-Argumentation:

Die Nutzung des Customizings erfolgt ausschließlich unternehmensintern, und es ist keine Verwertbarkeit gegenüber Dritten gegeben.

Pro-Argumentation:

Mit dem Abschluss des SaaS-Vertrags erlangt die Hochschule eine über mehrere Jahre laufende geschützte Rechtsposition, die es erlaubt, den wirtschaftlichen Wert des Customizings über die Laufzeit des Softwareüberlassungsvertrags zu verwenden.

Die Problematik der Verwertbarkeit gegenüber Dritten bestünde auch bei wirtschaftlichem Eigentum an der Software.

Weiterhin wird für eine Aktivierung angeführt, dass zu den immateriellen Vermögensgegenständen i. S. d. § 246 Abs. 1 HGB auch immaterielle Vorteile gehören, die durch die rechtliche Sicherung dem Berechtigten nicht mehr gegen seinen Willen entzogen werden können. Hier wird die Analogie zu der handelsbilanziellen Behandlung von Einbauten eines Mieters in ein Gebäude gezogen. Danach führen die Ausgaben eines Mieters für Mieterein- oder -umbauten nach der Rechtsprechung des BFH und dem sog. Mietereinbautenerlass zu einem eigenständigen immateriellen Wirtschaftsgut.

Unser Fazit:

Eine Aktivierung der Customizing-Aufwendungen als selbständiger immaterieller Vermögensgegenstand ist grds. möglich.

Zu beachten ist:

Das Herstellungsrisiko für die Customizing-Aufwendungen ist entscheidend für die Einordnung des Vermögensgegenstands:

  • Herstellungsrisiko liegt bei der Hochschule

    Die Voraussetzungen für die Aktivierung als selbsterstellter immaterieller Vermögensgegenstand liegen vor. Daraus resultiert ein Aktivierungswahlrecht nach § 248 Abs. 2 S. 1 HGB. Übt die Hochschule das Wahlrecht aus, sind die Kosten für das Customizing als Herstellungskosten zu aktivieren. Zu beachten sind hier allerdings unterschiedliche Regelungen in den Bilanzierungsrichtlinien für Hochschulen in den einzelnen Bundesländern. So ist in NRW die Aktivierung von selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen zulässig, in Niedersachsen dagegen nicht.
     
  • Dritter trägt das Herstellungsrisiko

    In diesem Fall liegt aus Sicht der Hochschule eine Anschaffung vor, und die Kosten sind nach § 253 Abs. 1 S. 1 HGB zu aktivieren.

Nicht aktivierungsfähige Aufwendungen

Zu beachten ist, dass die vor der Softwareeinführung anfallenden Kosten für allgemeine Organisationsberatung, für die Analyse und Optimierung von Geschäftsprozessen, die Entwicklung von Grobkonzepten und die Ableitung von nicht unmittelbar in das anschließende Customizing einfließenden Feinkonzepte nicht aktivierbar sind.

Nutzungsdauer

Übt die Hochschule das Aktivierungswahlrecht aus bzw. hat ein Dritter das Herstellungsrisiko getragen, sind die Kosten für den im Rahmen der Implementierung geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstand über die voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsdauer planmäßig abzuschreiben. Die Ermittlung der Nutzungsdauer hat daher unter Berücksichtigung der Regelungen in dem Softwareüberlassungsvertrag zu erfolgen.

(Literatur: Deubert/Lewe, BB 2019, S. 811 ff. / Oser/Kliem, WpG 2022, S. 505 ff.)

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