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Beabsichtigte Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflichten bis 31.03.2021

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz („BMJV“) hat durch die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht angekündigt, vorzuschlagen die bisher bis zum 30.09.2020 ausgesetzten Insolvenzantragspflichten für Unternehmen (siehe unser Blogbeitrag vom 17.03.2020) bis zum 31.03.2021 zu verlängern. Dies kann das BMJV aufgrund einer Ermächtigung im Covid-19 Insolvenzaussetzungsgesetz (CovInsAG) im Wege der Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates umsetzen. Geplant ist, die Verlängerung der Aussetzungsfrist nur für den Insolvenzgrund der Überschuldung (§ 19 InsO) zuzulassen, nicht jedoch für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO).

Diese Absicht begegnet in der aktuellen Diskussion zahlreichen Bedenken, da man befürchtet, sogenannte „Zombieunternehmen“ weiterhin am Leben zu halten und dadurch gesunde Unternehmen, die mit diesen Geschäfte abschließen, zu infizieren. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.

Nach diesseits vertretener Auffassung wird bei der aktuellen Diskussion jedoch ein wesentlicher Aspekt im Zusammenhang mit dem Überschuldungsbegriff übersehen. Überschuldung ist nach der Neufassung des § 19 InsO im Rahmen der Finanzkrise sowie nach ständiger Rechtsprechung des BGH nämlich nur dann ein Insolvenzgrund, wenn für das Unternehmen keine positive Fortbestehensprognose mehr gegeben ist. Die Beantwortung dieser Frage erfolgt anhand einer Finanzplanung des Unternehmens für das laufende und das folgende Geschäftsjahr. Eine positive Fortbestehensprognose ist nur dann gegeben, wenn das Unternehmen in diesem Zeitraum in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit nachzukommen bzw. bestehende Zahlungsstockungen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von 3 Wochen zu wenigstens 90 % zu beseitigen. Nur wenn eine Beseitigung einer Liquiditätslücke mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit binnen 3 Monaten oder in Einzelfällen binnen 6 Monaten beseitigt werden kann, ist eine Verlängerung des Zustands der Zahlungsstockung zulässig. Anderenfalls ist von Zahlungsunfähigkeit auszugehen.

Die Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmen wegen Überschuldung antragspflichtig ist, richtet sich also letztlich danach, ob es nicht mehr zahlungsfähig ist. Dann ist aber auch der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit gegeben. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten nur für überschuldete Unternehmen läuft damit ins Leere, da diese Fälle eine vernachlässigbare Ausnahme sind. Das eigentliche Ziel, eine Insolvenzwelle im Herbst 2020 zu vermeiden, wird verfehlt. Eine solche Regelung würde im Falle der Umsetzung lediglich eine Welle von Gerichtsverfahren nach sich ziehen, die sich mit der Frage beschäftigen, ob ein Unternehmen, das nicht rechtzeitig einen Antrag gestellt hatte, tatsächlich nur überschuldet aber nicht zahlungsunfähig war. Für die Unternehmen, die diesen Weg gehen wollen, kann man nur empfehlen, sich rechtzeitig sachkundigen Rat zu den Fragen rund um die Themen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einzuholen.

 

Weitere Informationen finden Sie hier:

Corona-Krise – Erste Hilfe von PKF

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