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Angemessenheit der Vergütung von Geschäftsführern

Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen bei unangemessener Vergütung des Geschäftsführers

Wie zuletzt bei der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO) stehen die Gehälter von Geschäfts­führungen immer wieder im Fokus öffentlicher Angemessenheitsdebatten, die die betroffenen Unternehmen und deren Geschäftsführer schnell in Erklärungsnöte bringen.

Rechtlich gesehen spielt bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit von Gesellschafter­beschlüssen zur Einführung oder Erhöhung einer Geschäftsführervergütung vor allem die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Gesellschafters zur Gesellschaft eine Rolle, die dahingehend gestaltet ist, dass der Geschäftsführung gerade nicht zulasten der Gesellschaft eine unangemessen hohe Vergütung zugestanden werden darf.

Urteil des OLG Hamm

Entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zur Vergütung der Geschäftsführung können sogar nichtig, jedenfalls anfechtbar sein. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm führt in einem Urteil vom 09.09.2019 (Az.: 8 U 7/17 (Landgericht (LG) Bielefeld) an, dass treuwidrig eine Stimmabgabe eines Gesellschafters und damit mittelbar ein Gesellschafterbeschluss anfechtbar sein kann, wenn eine weit unangemessen überhöhte Vergütung beschlossen bzw. vereinbart war.

Im Kern ist daher die Angemessenheit der Vergütung bzw. für die Betroffenen entscheidend, wie die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern rechtssicher beurteilt werden kann.

Mit welchen Maßstäben die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern bestimmt wer­den kann, hat das OLG Hamm jüngst ausgeführt. Dabei betont es, dass den Gesell­schaftern ein weiter Ermessensspielraum zustehe.

Bezug zur finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung

Angesichts des Ausnahmecharakters sei eine Treuwidrigkeit einer Stimmabgabe zur Fest­legung der Geschäftsführervergütung erst dann anzunehmen, wenn die tatsächliche die angemessene Vergütung um 50 % übersteigt. Daraus folgert das Gericht, dass die gesell­schaftsrechtliche Angemessenheit in jedem Fall nicht so gering ist, wie die in der BFH-Recht­sprechung entwickelte steuerliche Angemessenheitsschwelle.

Im Hintergrund der BFH-Rechtsprechung steht die steuerliche Überlegung, dass durch eine überhöhte Gehaltszahlung an die Geschäftsführung das Unternehmen seine Steuerlast drückt. Ist das Gehalt nach Auffassung des Finanzamts zu hoch, drohen Steuernachzahlun­gen, da eine unangemessen hohe Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung zu behan­deln ist.

Die finanzgerichtliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs besagt, dass ein Gehalt im Vergleich aus dem ersten Quartil oberhalb des Medianeinkommens anderer Geschäfts­führergehälter plus einem 20 %igen Zuschlag (noch) angemessen ist.

Für die Bestimmung des Medianeinkommens kann im Sinne eines Fremdvergleichs auf her­kömmliche und veröffentlichte Untersuchungen oder Studien über Geschäftsführergehälter in vergleichbaren Unternehmen zurückgegriffen werden. Dabei müsse auch individuell auf Art und Größe des Unternehmens sowie Qualifikation des Geschäftsführers geachtet wer­den, was die Bestimmung der relevanten Vergleichsvergütung zu einer komplexen Unter­suchung werden lässt.

Vereinfachte Anwendung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung

Angesicht des Befundes des Gerichts, dass die Schwelle zur Treuwidrigkeit der Stimm­abgabe beim Gesellschafterbeschluss erst bei einer 50 %igen Abweichung überschritten sei, hat das OLG allerdings nicht alle in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Angemessenheitsbestimmung einer Vergütung herangezogen bzw. diese insoweit nur „vereinfacht“ zur Anwendung gebracht.

In der BFH-Rechtsprechung wird keine absolute, sondern nur eine relative Obergrenze angenommen, welche erstens nach einem internen Vergleich innerhalb der GmbH (innerhalb der Geschäftsführung oder bei einem Alleingeschäftsführer im Vergleich mit der zweiten Führungsebene bzw. dem in der Verdiensthöhe direkt folgenden Mitarbeiter, wobei dann der Faktor 2,5 nicht überschritten werden sollte), und zweitens anhand eines externen Vergleichs mit anderen (vergleichbaren) GmbHs zu bestimmen ist. Drittens soll berücksichtigt werden, dass der GmbH nach Gehaltszahlung eine hinreichend hohe Eigenkapitalverzinsung verbleibt bzw. verbleiben muss. Mit anderen Worten: Es kommt stets auf eine Einzelfallbetrachtung an, welche relative Obergrenze gelten kann; auf diese Obergrenze schlägt der BFH dann noch den Sicherheitszuschlag von 20 % auf. Überschreitet das tatsächliche Gehalt diesen Wert, gilt die Vergütung steuerrechtlich als unangemessen.

Abschließend ist daher festzustellen, dass steuerlich und in der Folge auch gesellschafts­rechtlich die Bestimmung der Angemessenheit einer Geschäftsführervergütung eine kom­plexe Aufgabe auch nach dem Urteil des OLG Hamm bleibt. Im Übrigen bleibt es abzuwarten, ob andere Obergerichte dem OLG Hamm folgen werden.

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