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Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben

Aktuelle BFH-Rechtsprechung bei Tätigwerden in staatlichem Auftrag

In zwei Mitte August 2022 veröffentlichten Fällen hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Abgrenzung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben befasst. In beiden Fällen hatte sich die Finanzverwaltung mit ihren Revisionen gegen die erstinstanzliche Zuordnung von Einnahmen zu Zweckbetrieben gewandt. Beide Revisionen verwarf der BFH.

Voraussetzungen der Einnahmenzuordnung zum Zweckbetrieb

Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht unter die Spezialtatbestände der §§ 66 – 68 AO fallen, können nach der allgemeinen Regel des § 65 AO Zweckbetrieben zuzuordnen sein. Voraussetzungen sind, dass

  • der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO),
  • die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und
  • der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO).

Abnahme von Jägerprüfungen

In dem Urteilsfall vom 21.4.2022 (Az. V R 26/20, nachfolgende Rn. beziehen sich auf die in Juris veröffentlichte Fassung) hatte das Finanzamt (FA) u.a. die Rechtsansicht vertreten, Einnahmen könnten nur dann dem Zweckbetrieb einer steuerbegünstigten Einrichtung zuzuordnen sein, wenn durch den Zweckbetrieb selbst unmittelbar die steuerbegünstigten Zwecke gefördert werde. Der BFH stellte u.a. klar, dass ein Zweckbetrieb unmittelbar der Zweckverwirklichung eines Vereins dienen, aber diese nicht selbst verwirklichen muss. Er bestätigte damit die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg als Vorinstanz (Urteil vom 18. 6.20202, Az. 10 K 10264/15), das der Klage eines Vereins stattgegeben hatte, der als sogenannter Beliehener Jagdprüfungen vorbereitet und abgenommen und damit Einnahmen erzielt hatte. Zu den satzungsmäßigen Zwecken gehörten auch der Naturschutz und die Landschaftspflege. Um der Gesamtrichtung der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke zu dienen (s.o. Nr. 1), reiche eine untrennbare Verbindung zwischen der Tätigkeit und dem Zweck aus (BFH, s. Rn. 24 f. der Begründung). Das Argument des Vereins, das die Billigung des BFH fand, lautete verkürzt: Er könne seine satzungsmäßigen Zwecke nur erfüllen, wenn es Jäger gebe. Jäger könne es in dem betreffenden Bundesland nur geben, wenn er – der Verein – Jäger ausbilde und Jagdprüfungen abnehme.

Für unschädlich hielt der BFH, dass der privatrechtliche Verein aufgrund staatlicher Beleihung tätig war. Ein Zweckbetrieb setze nicht voraus, dass dieser allein aufgrund der Satzung betrieben werde. Dies sei beispielsweise auch bei einer gemeinnützigen Jugendmusikschule und in anderen Fällen nicht so (BFH-Begründung, Rn. 29).

Hinweis: Zusätzlich befasste sich der BFH auch mit der Frage, ob die Steuerbefreiung des Zweckbetriebs eine unionsrechtlich unzulässige Beihilfe darstelle und verneinte dies (Rn. 36 der Begründung).

Unterstützung Zivildienstleistender

In die gleiche Richtung ging der Beschlussfall vom 15.3.2022 (BFH-Az.: V R 46/19). Ausdrücklich entgegen einem BMF Schreiben vom 18.8.2015 (BStBl. I 2015, S. 659) und im Anschluss an eine frühere ähnliche Entscheidung (Urteil vom 23.7.2009, Az. V R 93/07) führte der BFH aus: „Die von einem gemeinnützigen Verein erbrachten Leistungen im Rahmen der Verwaltung des Zivildienstes nach § 5 a Abs. 2 ZDG begründen einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO“ (Leitsatz).

Der klagende Verein betreute im staatlichen Auftrag Zivildienstleistende, wobei die Betreuungsleistungen über reine Verwaltungsleistungen hinausgingen. Die Zwecke des Vereins waren satzungsmäßig u.a. zu verwirklichen durch Hilfeangebote für hilfebedürftige Menschen: „… Unterstützung der Abstimmung und Zusammenarbeit angeschlossener Träger, Dienste und Einrichtungen“.

Der BFH stellte im Rahmen der Prüfung der oben unter Abschn. 1 genannten Nr. 1 und 2 darauf ab, dass die Tätigkeit des Vereins seinen Satzungszwecken diene, indem er den Zivildienst von Zivildienstleistenden im sozialen Bereich organisiere und betreue. Er sei insoweit in der Zivildienstverwaltung als „unerlässliches Bindeglied“ zwischen den Zivildienstleistungen und den Beschäftigungsdienststellen eingebunden. Damit habe er mit seinen Leistungen wesentlich dazu beigetragen, dass ein funktionierender Zivildienst gewährleistet war und damit die infolge Krankheit, Armut oder Alters hilfebedürftigen Menschen durch die Arbeit von Zivildienstleistungen unterstützt werden konnten (BFH-Begründung, Rn. 26 f.)

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