29.04.2024 / Artikel aus PKF Nachrichten 05/2024
von StBin Elena Müller

Nachdem erst kürzlich im März 2024 das Wachstumschancengesetz verabschiedet wurde, liegt nun schon der (inoffizielle) Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 (RefE des JStG 2024) vor. Die ca. 240 Seiten des Entwurfs beinhalten sowohl Anpassungen an die Rechtsprechung als auch Folgeänderungen sowie Fehlerkorrekturen und betreffen zahlreiche Steuerarten. Nachfolgend werden die wichtigsten geplanten Änderungen dargestellt; sofern nichts anderes erwähnt wird, sollen diese ab Verkündung des Gesetzes gelten.

Einkommen-/Lohnsteuer

(1) Steuerbefreiung für PV-Anlagen: Für die Anwendung der Steuerbefreiung soll die zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden. Außerdem sollen auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten PV-Anlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit (Freigrenze) begünstigt sein.

(2) Pauschalbesteuerung für sog. Mobilitätsbudgets: Wenn dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ein Sachbezug oder Zuschuss für die private Nutzung von Mobilitätsleistungen (wie z.B. von E-Scootern oder die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing-, Bike-Sharing- sowie sonstigen Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistungen, unabhängig vom Verkehrsmittel) gewährt wird, kann der Arbeitgeber diese bis zu einem Höchstbetrag i.H. von 2.400 € p.a. mit einem Pauschalsteuersatz von 25% besteuern und übernehmen. Damit soll eine umweltverträgliche Mobilität gefördert werden. Ausgeschlossen ist gem. RefE die dauerhafte Nutzung von Kfz und anderen Fahrzeugen.

(3) Ergänzung einer Konzernklausel in § 19a EStG: Die Steuervergünstigung soll auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert werden. Danach sollen geldwerte Vorteile aus Vermögensbeteiligungen aufgeschoben besteuert werden können, wenn Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers überlassen oder wenn Anteile an verbundenen Unternehmen übertragen werden. Die Anwendung der Konzernklausel ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens ist rückwirkend der 1.1.2024.

Gewerbesteuer 

(1) Ausländische Betriebsstätteneinkünfte: Sämtliche passiven ausländischen Betriebsstätteneinkünfte sollen als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten, auch solche, für die Deutschland im Fall eines DBA das Besteuerungsrecht zusteht.  Die Regelung soll auch für Erhebungszeiträume vor 2024 anzuwenden sein.

(2) Gewerbesteuerbelastung bei mittelbaren Übertragungen: Überträgt eine natürliche Person ihr Vermögen auf eine Personengesellschaft und werden die Anteile an der übernehmenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert oder aufgegeben, soll zukünftig ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn der Gewerbesteuer unterliegen.

Umsatzsteuer

(1) Unberechtigter Steuerausweis bei Gutschriften: Die bislang für Rechnungen geltende Regelung zum unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis wird gem. RefE auf Gutschriften ausgeweitet. Demnach schuldet der Empfänger der Gutschrift auch dann die Umsatzsteuer, wenn diese zu Unrecht ausgewiesen ist.

(2) Ausweitung der Besteuerung als Kleinunternehmer: Die bisher nur für im Inland ansässige Unternehmer geltende Kleinunternehmerregelung soll nun auch auf die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer ausgeweitet werden. Außerdem sollen die Grenzwerte an die allgemeine Preisentwicklung so angepasst werden, dass der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgebliche Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr auf 25.000 € (bisher: 22.000 €) und im laufenden Kalenderjahr auf 100.000 € (bisher: 50.000 €) erhöht wird. Für die Umsetzung der Neuregelung wird ein besonderes Meldeverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern eingeführt. Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens ist der 1.1.2025.

(3) Vorsteuerabzug eines Ist-Versteuerers: Bisher ist ein Vorsteuerabzug grundsätzlich bereits zum Zeitpunkt der Leistungsausführung (unter den sonstigen Voraussetzungen) möglich, unabhängig davon, ob die Zahlung geleistet wurde oder nicht. Bei einem Ist-Versteuerer soll der Vorsteuerabzug nun erst bei Zahlung möglich sein. Geplanter Zeitpunkt des Inkrafttretens ist der 1.1.2026.

Umwandlungssteuer

(1) Frist für Schlussbilanz: Der im § 3 UmwStG neu anzufügende Abs. 2a legt fest, dass die steuerliche Schlussbilanz künftig innerhalb von 14 Monaten nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln ist. 

(2) Behandlung einer Verschmelzung beim Anteilseigner: Der Ansatz der Anteile an der übertragenden Körperschaft beim Anteilseigner soll im Falle der Verschmelzung bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich zum Buchwert erfolgen. Der Ansatz mit dem gemeinen Wert nach § 13 Abs. 1 UmwStG soll nur auf Antrag möglich sein (ggf. unwiderruflich und fristgebunden). 

(3) Entnahmen im Rückwirkungszeitraum: Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum sind generell bei der Ermittlung des eingebrachten Betriebsvermögens zu berücksichtigen. Ein Buchwertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens ist dann nur möglich, soweit sich unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum keine negativen Anschaffungskosten ergeben würden. Sollte das der Fall sein, sind die Buchwerte des eingebrachten Vermögens aufzustocken. Die erstmalige Anwendung dieser Rechtsprechungs-korrigierenden Gesetzesänderung ist auf Einbringungen ab dem 1.1.2024 beabsichtigt.

Erbschaftsteuer

(1) Befreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke weltweit: Die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke (§ 13d ErbStG) soll künftig unabhängig davon, ob diese im Inland, in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegen sind, möglich sein. Als Voraussetzung ist vorgesehen, dass in Bezug auf die Erbschaftsteuer ein Informationsaustausch mit diesem (Dritt-)Staat sichergestellt ist.

(2) Erweiterung der Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG: Die bislang nur bei Grundstücken mit bestimmter Nutzung mögliche Stundung der Erbschaft-/Schenkungsteuer wird gem. RefE auf alle Fälle ausgeweitet, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird.

Weitere geplante Änderungen im Kurzüberblick

(1) EStG: Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften.
(2) UStG: Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge, Besteuerungsort von virtuellen Veranstaltungen/Tätigkeiten, Neufassung der Steuerbefreiung für sportliche Veranstaltungen.
(3) GrEStG: Regelung zur Zurechnung eines Grundstücks bei Verwirklichung der Ergänzungstatbestände nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG.

Weitere Schritte

Da es sich um einen noch nicht offiziell veröffentlichten Referentenentwurf aus der sog. regierungsinternen Frühkoordinierung handelt, sind bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch zahlreiche Änderungen gegenüber dem aktuell vorliegenden Entwurfstext zu erwarten.

Die Stellungnahmen der Verbände und die sog. Ressortabstimmung stehen noch aus. Ein Beschluss der Bundesregierung über den Entwurf des JStG 2024 soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause erfolgen. Im Herbst 2024 dürften sich dann die Beratungen im Bundestag und Bundesrat anschließen. Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist wohl erst zum Jahresende zu rechnen.

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